New Hip Hop: Über Ihn, Sie und die Mode

Wie sich das Männlichkeitsbild durch Mode veränderte

Der größte Umbruch aber, der Hip Hop in eine neue, demokratischere Sphäre hebt, ist das Eintauchen in die Modewelt – eine Welt der Frauen.
Der stereotype Hip Hop Style, der heute auf den Laufstegen der Welt noch immer neu interpretiert wird, wurde aus der Not geboren. Baggy Hosen und derbe Stiefel ohne Schnürsenkel sind auf die Haftzeit in Gefängnissen zurückzuführen, als den Gangstern bei Einlieferung, aufgrund der Suizidgefahr, Gürtel und Senkel weggenommen wurden. Die Oversize Shirts und Sweater dagegen kamen aus Vintage Stores, der Heilsarmee oder wurden innerhalb der Familie weitergegeben. Die Kleidergröße war nebensächlich, wenn man um jedes Kleidungsstück ringen musste.
Demnach war der Oversize Look ein männliches Zeichen. Dass man im Knast war, einer Gang angehörte und sich auch seine „Sporen verdient hat.“

Dass daraus ein Modestil wurde, war eigentlich nicht geplant. Anders als bei modeorientierten Jugendkulturen, wie Hippies oder Mods, die ihren Protest eher durch ihre Kleidung ausdrückten, rebellierten Hip Hopper durch ihre typischen Disziplinen.

Fraglich ist aber, ob man „den“ Hip Hop Style verallgemeinern kann. Der ursprüngliche Style der 70er und 80er Jahre war der authentische mit gebrauchter billiger Kleidung, viel Denim, derben Schuhen und Oversize Größen. Mit der medialen Popularität glich sich dann auch der Stil an. Mit dem anschwellenden Luxus, und als Gegenpol zur ärmlichen Vergangenheit und als Hommage an ihre afrikanischen Wurzeln, begannen Rapper teure Pelze zu tragen, opulenten Schmuck und Goldzähne. Als Beispiel dienen hier Slick Rick oder Notorious B.I.G.

Andere Stilikonen prägten die Hip Hop Mode durch ihren individuellen, bunteren Stil, darunter Flavor Flav oder Will Smith alias Fresh Prince oder Mos Def.

Doch ist die Mode der Straße, die „Streetwear“, eine der größten Inspirationsquellen für Modedesigner. Ein Meilenstein zum Weg in die Modewelt war die Hip Hop Group Run DMC mit ihrem Song „My Adidas“, worauf sie einen der größten Hypes auslösten, den die Beziehung Hip Hop – Mode je gesehen hat. Adidas Sneaker und die berühmten drei Streifen wurden zum Markenzeichen der Group, und andersherum Run DMC auch zum Markenzeichen von Adidas in der Musikszene.

Diese Wechselwirkung zwischen Hip Hop und Mode lässt sich aber noch weiter verfolgen. Nach dem Beispiel in der Vergangenheit mit der früheren Armut zu spielen und nun den Luxus voll zu zeigen, zogen Rapper immer mehr Markenkleidung der herkömmlichen vor. Begehrte Labels waren und sind noch Versace und Moschino, die für ihre verspielte Opulenz bekannt waren.

Daraus bildete sich eine regelrechte Markensucht, „Brand Addiction“, eine Verehrung, die sich auch in der Musik widerspiegelte. Einer Statistik nach sind die Labels, deren Name am häufigsten in Songs erwähnt wird, Gucci, Versace, Nike und Prada.
Der Song „Fashion Killa“ von A$AP Rocky thematisiert sogar ausschließlich Modelabels:

„She got a lotta Prada, that Dolce and Gabbana,
I can’t forget Escada, and that Balenciaga”

Im Gegenzug bedienen sich Modedesigner des Hip Hop Stils.
Alexander Wang lässt zu seinen Shows basslastigen Oldschool Hip Hop laufen, Phillip Plein widmet der Jugendkultur eine ganze Kollektion mit dem Namen „Alice in Ghettoland“, Moschino spielt in den letzten Saisons verstärkt mit Stereotypen der Streetwear, Astrid Andersens Herbstkoollektion 2016 ist praktisch ein Sortiment aus Hip Hop Kleidung direkt für Rapper und Raf Simons kleidet den Mann von heute in Sweaters in Oversize.

Die modische Abhängigkeit gipfelt darin, dass Rapper anfangen ihren persönlichen Style in Kollektionen zu verarbeiten und eigene Modelabels gründen, darunter der Wu-Tang-Clan mit Wu Wear, Jay Z‘s Rocawear, Pharrell Williams und Billionaire Boys Club und natürlich Kanye West mit Yeezy.
Hip Hop und Mode ist ohne Zweifel eine nicht mehr wegzudenkende Liebesgeschichte.

Kaum eine Jugendkultur prägte so fundamental die High Fashion Szene und andersherum gibt es kaum einen kulturellen Bereich, der inspirierender für Hip Hop Künstler wäre, als die Mode.

Es ist eine Wechselwirkung, ein Spiel der Abhängigkeit, zwischen Trends und Musik, Marken und Rappern, Style und Couture. Was erst skurril wirkt, denn Mode und Design hat nichts mit dem Ursprungsbild eines knallharten Gangsters zu tun. Aber nach Oldschool, wird es auch immer irgendwann Newschool geben.