Mein Donnerstagabend war voll und ganz der Gendarmerie gewidmet, einem Tempel herausragender Küche, Kunst und Weinkultur. Natürlich werde ich euch eingefleischten Genuss-Fetischisten das näher bringen, was mir zuteil wurde: 5 spektakuläre Gänge und ebenso viele erlesene Weine. Wer sich zuerst nur etwas Appetit holen will, dem empfehle ich die Zusammenfassung meines Abends zu lesen, die ich zum Ende hin serviere. Wer genauer wissen möchte, was auf den Tisch kam, der verleibt sich Gang für Gang in Schriftform ein.

Und mit einem Gang zur Gendarmerie begann auch unsere spektakuläre Genuss-Reise beim Entrée. Wer die Gendarmerie ein Mal von innen bewundern durfte, weiß, was ich meine und auch, dass man über diesen überwältigenden Eindruck des Bacchanal-Gemäldes gar nicht so leicht hinweg kommt. Es ist eines der größten und eindrucksvollsten…nun ja, Gemälde kann man dazu nicht mal mehr sagen. Es ist viel mehr ein plastisches, dimensionssprengendes, pitureskes  Fries (5x14m), komplett aus Holz gefräst und behauen vom Künstler Yves Klein, das über allem zu prangen scheint. Gleichermaßen war ich von den Dimensionen beeindruckt, die die Gendarmerie mit ihrer Deckenhöhe, den stützenden Säulen und der 17m langen Bar bietet. Bilder können dem nicht gerecht werden, man muss es erlebt haben!

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Uns erwartet ein kulinarisches Konzept oder besser gesagt eine Vorstellung, deren Umsetzung eine sehr bodenständige, ehrliche Interpretation unserer 5 Gänge ergab. Wir beginnen mit dem Ersten:

1. Die Variation von der Gänsestopfleber bot ein entzückend angerichtetes Arrangement von kleinen, herzhaften Feinheiten in Pralinenform, und beherbergte verschiedene Temperaturen, Konsistenzen und Texturen der Leber. Diese gab sich mal zart schmelzend in Form eines Parfaits, mal fluffig-locker als eine Art Marshmallow und dann wieder als unerwartete Füllung eines Vollmilch-Pralinées selbst zum Besten. Dazu wurde ein Hauswein Lutter & Wegners gereicht (siehe Galerie). Mit „dezent süßlich“, „elegant“  und „leicht“  lässt er sich für mich treffend beschreiben. Hightlight: die Kombination aus kleinen „Hors­d’œu­v­re“ , die eigentlich den Anfang eines Menüs einläuten, und dem Dessert, das normalerweise den Abschluss verkundet. Die fruchtige, zimtige Essenz des Apfelmuses brachte die nötige winterliche Note mit ein, die besonders gut mit der Leber harmonierte. Ein gelungener Auftakt.

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2. Schaumsüppchen von gelber Beete mit karamellisierter Jakobsmuschel wurde als nächstes serviert. Auf das Kleine, Feine,  Mundliche zum Anregen folge etwas Mundiges, Warmes. Der leicht erdige Geschmack und die wohlige Wärme, die sich im Körper ausbreitete, verliehen eine heimelige, winterliche Stimmung. Ich glaube, eine Idee Kürbis heraus geschmeckt zu haben, das ist jedoch nur eine Vermutung. Die Jakobsmuschel hatte genügend Biss und war gleichzeitig im Inneren zart. Die leicht süßliche Kruste lockerte den erdigen Geschmack auf und unterstützte den besinnlichen Eindruck des Gerichtes. Kredenzt wurde ein Weißwein, der mein ungeschlagener Liebling des Abends wurde (Weingebiet Rheinhessen, siehe Galerie). Er war sehr weich, „prickelte“ nicht im Abgang und ordnete sich dabei der gelben Beete unter, ohne wiederum der Muschel Konkurrenz zu machen.

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3. Das Pulpocarpaccio mit Merguez-Miesmuschelsugo (Sugo = Soße) und Limette war mein unangefochtenes Lieblings- und gleichzeitig Überraschungsgericht des Abends. Gereicht wurde es zusammen mit einem Hauswein Lutter und Wegners, der noch einen Tick sanfter war als der Riesling Kabinett des vorangegangenen Ganges und sich sehr elegant zu den feinen Fischaromen gesellte, ohne sie zu überdecken. Aber zurück zum Essen, hier hatte ich etwas unerwartetes erlebt. Pulpo (=Tintenfisch) aß ich bereits öfter, aber in Verbindung mit der Merguez (Hackfleisch-Bratwurst), den Muscheln und dem frischen Spritzer Limette war ich selig, dass ich an diesem Abend eine Geschmackskombination kennenlernen durfte, die mir neu war. Dies fiel auch meiner Begleitung auf: „Sag mal, bist du verliebt, oder warum grinst du so in dich hinein?“. Nun, was sagt man, wenn es einem die Sprache verschlagen hat? 😉

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4. Im eigenen Saft pochierte Brust vom Schwarzfederhuhn auf sautierter (=kurz angebratener) Schwarzwurzel mit Ragout vom Kalbskopf:
Das Glas Rotwein, ein Chateau Picard aus dem Jahr 2006, fand seinen Weg zu diesem Gericht. Gut so! Denn mit seinem recht starken und eigenständigen Charakter braucht dieser Wein einen würdigen Begleiter. Am besten passte er meiner Meinung nach zu dem Ragout, da ich hier vielfältige Aromen rausschmeckte: Wild und Pilz vielleicht? Durch das Pochieren (=sanfte Garmethode) bekam das Gericht eine natürliche Milde, die auch bei der Jus (=konzentrierter, entfetteter Fleischfond) beherzigt wurde. Dabei legte sich der „Bratensud“ nektargleich über die Zunge und leichte Röstaromen ließen sich heraus schmecken, die zusammen mit der Schwarzwurzel einen urigen Geschmack erzeugten. Am Anfang sprach ich ja von einer gewissen Bodenständigkeit, nun, hier ist sie! Nicht nur bei der saisonalen gelben Beete aus Gang 2, sondern auch hier. Die Schwarzwurzel!

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5. Das Champagnersüppchen mit Ananasparfait und Himbeerespuma (=Himbeerschaum) bildete einen krönenden Abschluss und bis hierher muss ich sagen, das endgültige Sättigungsgefühl setzte zwar bereits bei Gang 4 ein, doch es war noch ausreichend Platz hierfür. Und ein Dessert passt eh immer! Alkoholgenuss durch leicht gelierten Champagner traf hierbei auf verschiedene Früchte, Minze und ein hervorragendes Ananasparfait. Das Dessert war süß, aber nicht zu sehr, das Parfait cremig, die Hülle des Himbeerespumas dafür knusprig und das Süppchen harmonierte mit Physalis & Co.!

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Zusammenfassung meines 5-Gänge Menüs in der Gendarmerie

Die Gendarmerie bietet ohne Übertreibung eine der besten Lokationen Berlins durch die Lage am Gendarmenmarkt und beeindruckt nicht nur mit der hervorragenden, raffinierten Küche, die von einer ehrlichen Bodenständigkeit geprägt ist. Auch die Inneneinrichtung und das bacchanalische Gemälde lassen einen schwelgen. Nun zum Eingemachten: die Gänge!

Die Variationen der Gänsestopfleber wurden uns, fast schon niedlich möchte man sagen, in Form kleiner Pralinen und Naschwerk gereicht, das mich in Vorfreude auf den Inhalt versetze. Immer noch begeistert, nahmen wir das Schaumsüppchen von gelber Beete mit karamellisierter Jakobsmuschel zu uns. Die Verarbeitung der Rübe bot nicht nur farblich ein Highlight, sondern auch geschmacklich und war absolut stimmig zur Saison. Diesem Gang folge das Pulpocarpaccio mit Merguez- Miesmuschelsugo und Limette, das für mich gar nicht so leicht zu beschreiben ist, da ich eine Kombination wie diese noch nie auf dem Teller hatte. Beide Daumen hoch: „Gendarmerie, du hast mich überrascht“! Die im eigenen Saft pochierte Brust vom Schwarzfederhuhn auf sautierter Schwarzwurzel mit Ragout vom Kalbskopf war verhältnismäßig üppig. Der wohl herausstechendste Wein an diesem Abend harmonierte mit dem Ragout und der Schwarzwurzel und kontrastierte gleichzeitig das Schwarzfederhuhn. Der ohnehin feuchtfröhliche Abend fand seinen Abschluss mit einem Süppchen, der etwas anderen Art: Last but not least, das Champagnersüppchen mit Ananasparfait und Himbeerespuma. Dieses ist meiner Meinung nach eine Geschmacksexplosion, besonders das Espuma. An dieser Stelle geht auch ein ganz großes Lob an den exzellent-aufmerksamen Service, der rhetorisch fein ausgefeilte Erläuterung zu den jeweiligen Gängen darbot.

Da die Gendarmerie euch auch von ihrer Seite herzlichst im neuen Jahr begrüßen möchte, könnt ihr noch bis zum 31. Januar ab 17:00 Uhr täglich dieses Menü zu einem Preis von nur 59,90€ genießen, inklusive der 5 Weine. Dieses Dinner empfand ich als sehr passend, um entweder traute Zweisamkeit zu verbringen oder die kulinarischen Genüsse feuchtfröhlich und ausladend in einer Gruppe zu zelebrieren.

Apropos Gruppe, wenn ihr ausgeflippten Großstadt-Seelen zur Fashion Week Berlin mal wieder nicht genug bekommen konntet von neuen Trends und schönen Menschen, ladet sie doch ein, mit euch die Gendarmerie zu besuchen, und feiert euch und das Leben mit besten Weinen und Genüssen.

Wie war das, Models essen nicht viel? Nun, euer Glück: bringt doch 5 Models mit, immerhin gibt es auch 5 Gänge 😉

http://www.gendarmerie-berlin.de/

Behrenstraße 42 / Ecke Charlottenstraße
10117 Berlin-Mitte
info@gendarmerie-berlin.de

Öffnungszeiten 

Mo-So 11:00-02:00Uhr
Smorkerslounge
Di-Sa 18:00-02:00Uhr

 

Bildquelle: Readthetrieb