Sei ehrlich, wie oft hast du heute schon in den Spiegel gesehen? Wie oft hast du deine Haare betrachtet, dein Gesicht, deine Brüste, deine Beine?
Viele haben das Gefühl, je öfter sie das eigene Spiegelbild erblicken, desto unzufriedener sind sie mit ihrem Körper. Ein paar Gramm zu viel, etwas unreine Haut, Dellen am Oberschenkel. Was mit einer leichten Unzufriedenheit anfängt, kann zu Frustration und sogar Depression ausarten, oder mit anderen Worten: Body Shaming.
Die Abhängigkeit über die Schönheit unserer (und anderer) Körper ist heute so deutlich wie noch nie.
Durch immer wieder rumkursierende Schönheitsideale kommt man gar nicht umhin, zu erfahren, welche Körperform gerade „angesagt“ ist. Die Modebranche, Facebook, Instagram und auch TV-Shows wie Germany’s Next Topmodel sorgen immer wieder für Furore und zweifelhafte Gedanken, wenn es um den perfekten Körper geht. Die Flut an Bildern von perfekten Frauen kratzt am Selbstwertgefühl und man beginnt, zu kaschieren und sich verändern zu wollen.
Doch ist Body Shaming nicht nur der Zweifel über den eigenen Körper. Es ist auch das Lästern über die Körper anderer, selbst wenn es „gar nicht so gemeint“ ist. Wenn man bei der Weihnachtsfeier bemerkt wie viel Pommes die Cousine schon verdrückt hat oder wie viel die Schwägerin doch wieder zugenommen hat, sind möglicherweise harmlos gemeint, gehören aber schon zur Kategorie Body Shaming.
Doch es sind nicht nur die Menschen, die etwas mehr auf den Hüften haben – auch schlanke Menschen, sogar Models, fallen dem Body Shaming zum Opfer. „Was für dünne Beine die hat!“ oder „Wann hat die das letzte Mal gegessen?“ sind Sätze, die jeder schon Mal gesagt oder gehört hat. Vor allem bei Menschen, die danach streben, „dünn“ zu sein, sind gerade Fitness „Trends“, wie zum Beispiel Thigh Gap oder die Collarbone Challenge beliebt.
Der Thigh Gap Trend wurde um 2013 geboren und bezeichnet die Lücke zwischen den Oberschenkeln bei aufrechter Haltung. Nur wenn ein deutlicher Spalt sichtbar ist, ist man auch dünn genug. Dieser Trend wurde durch die Collarbone Challenge abgelöst, wonach man als attraktiv galt, je mehr Münzen aneinandergereiht in ein Schlüsselbein passen.
Doch auch Männer werden nicht verschont. Lange waren körperliche Selbstzweifel und das Streben nach Schönheitsidealen ein Frauending. Heutzutage, durch die Demokratisierung von Mode und Beauty, leiden Männer zunehmend allerdings ebenfalls unter Vorurteilen und Body Shaming. Heute, wo jeder zweite Mann ins Gym geht und zwischen Proteinshakes und schweren Gewichten umhertorkelt, fühlt man sich als Fitness-Vermeider schon schlecht, selbst wenn man dem Normalgewicht angehört. Vielmehr ist es ein Problem des „zu wenig“, statt des „zu viel“, natürlich hinsichtlich des Bizepsumfangs.
Doch was kann man gegen Body Shaming tun? Es ist mittlerweile schon fast ein Gesellschaftsphänomen, was nicht mehr wegzudenken ist. Man muss nicht demonstrieren oder lange Botschaften gegen Mobbing predigen, sondern einfach anfangen, sich selbst und seinen Körper zu akzeptieren. Schönheitsideale und Illusionen sind in erster Linie nur dafür da, um Bilder in den Kopf zu setzen, die sich dort fixieren sollen – der Körper wird zum Imageträger.
Auch wenn es bestimmte Körpertypen gibt, die als attraktiv empfunden werden, heißt das nicht, dass sie die einzigen sind. Man sollte (wieder) lernen, unterschiedliche Typen zu akzeptieren und erkennen, dass Shaming anderer auch nur eine Reflexion des eigenen Körpers und seiner eigenen Frustration sein kann.
Auch wenn man etwas zu viel wiegt oder auch etwas zu wenig – es ist okay.