Hallo meine Lieben,
Gestern sitze ich auf der Parkpark, lese ein Buch und werfe nebenbei Stöckchen für meinen Hund. Es ist ein schöner Tag. Ich genieße die Ruhe für mich und die letzten Sonnenstrahlen des Tages.
Plötzlich setzt sich eine Frau neben mich und fragt: „Und was macht ihr jetzt noch so?“ Ich war irritiert und musterte die Frau erstaunt. Kannte ich sie irgendwoher? Nein! Beige Cordhose mit deutlichen Spuren abgesetzter Kreise. Ich vermutete, dass es Kaffeetassen waren. Türkis angemalte Fingernägel, unter denen der Dreck hervorquoll, die Haare zerzaust, aber nicht fettig. Sie hatte auch einen Hund dabei. Der sah ihr irgendwie ähnlich und beide sahen gleichermaßen traurig aus. Ich bekam Mitleid.
Sie begann zu erzählen, wie schlecht alles sei, wie schlimm die Kinder in ihrem Haus wären, die sie mit Steinen bewarfen. Dann fiel ihr Blick auf das Krankenhaus: Die Charité in Berlin/Mitte. Sie begann zu schimpfen: „Abreißen müsste man das Gebäude wegen der ganzen Keime und Bakterien!“ Sie müsste es schließlich wissen, denn sie sei medizinisch-technische Assistentin. Sie wurde richtig wütend und führte ihren Monolog fort. Ich war verstummt. Es war auch egal, ob ich etwas sagte oder nicht. Sie wollte einfach nur ihren Ballast loswerden und ich verschenkte dadurch meine kostbare Zeit, obwohl ich eigentlich einfach nur in Ruhe die letzte Wärme des Tages genießen wollte. Eigentlich wollte ich alleine sein, aber irgendwie brachte ich es nicht übers Herz. Irgendwie zwang mich eine innere Höflichkeit. Ich konnte in diesem Fall nicht „Nein“ sagen.
Kennt ihr so etwas? Ich meine, es gibt 1.000 Situationen davon im Leben. Der Chef fragt, ob man länger arbeitet, obwohl man etwas vor hat. Ein Verkäufer dreht euch eine völlig unnütze Hose an, die ihr gar nicht braucht. Ein Freund überredet euch zum Weggehen, obwohl ihr gar nicht wollt. Eine Freundin verlangt, dass ihr beim Umzug mithelft, obwohl sie euch letztens nicht helfen wollte, die Einkäufe in die Wohnung zu tragen.
Was passiert da in uns? Da ist zwar diese kleine, innere Stimme, die sagt: „Ich will nicht!“, aber innerlich ist man erstarrt. Man möchte Harmonie, es jedem Recht machen und auch irgendwie „Everybody‘s Darling“ sein. Zuerst sollte man sich fragen, woher das kommt? Meistens wurden diese Verhaltensweisen in unserer Kindheit geprägt. Ein braves Kind ist ein Kind, das tut, was die Eltern sagen. Ein braves Kind wälzt sich nicht schreiend vor der Kasse des Supermarktes auf dem Boden, weil es keine Süßigkeiten bekommt.
Nun, vielleicht sollten wir versuchen, das Mittelmaß beider Kinder in uns zu vereinen und zwar sowohl auf unsere Bedürfnisse hören als auch hin und wieder mal jemandem einen Gefallen tun – ohne sich ausnutzen zu lassen.
Wie das gelingt? Zuerst sollten wir besser lernen, auf unsere kleine, innere Stimme und unsere Bedürfnisse zu hören. Eine meiner Lieblingsfragen, die ich schon in vorherigen Artikeln erwähnt habe, ist die Frage: „Was kann schlimmstenfalls passieren?“ Das hilft meist schon, ein neues Licht auf die Situationen zu werfen. Am Ende wirken sie dadurch gar nicht mehr so bedrohlich.
Wenn das Neinsagen noch nicht sofort gelingt, kann man auch erst mal die Antwort auf das Anliegen aufschieben. „Ich denke darüber nach.“ „ Das muss ich erst noch abklären.“ Das ist dann weder ein klares Ja noch ein Nein und man hat tatsächlich Zeit, darüber nachzudenken, was man nun wirklich will.
Wie geht es euch damit? Was habt ihr für Situationen erlebt, in denen ihr euch schlecht entscheiden konntet?
Ich wünsche euch eine tolle Woche!
So long!
Eure Lucy
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