Hygge – die dänische Art von Lebensfreude und Gemütlichkeit. Allesamt zutreffend auf Lebensmomente wie einem gemütlichen Beisammensein bei köstlichem Kakao und besinnlichem Kerzenschein. Im postkartenschönen, im Winter aber auch kalten Kopenhagen erkundet das Institut für Glücksforschung ebenjene Lebensphilosophie. Dessen Leiter Meik Wiking hat seine Resultate in dem gleichnamigen Buch „Hygge – ein Lebensgefühl, das glücklich macht“ zusammengefasst.

Das Café „The Living Room“ in Kopenhagen war Auslöser für die Hygge-Bewegung. Hier findet sich alles, was man für eine glückliche Teestunde benötigt: ein Kamin, flauschige Sofas, bestickte Kissen und Decken sowie jede Menge Leckereien.

Im Deutschen bedeutet „Hygge“ so viel wie „Gemütlichkeit“ oder „Geborgenheit“. Reiseblogs beschreiben Hygge als einen geselligen Abend mit guten Freunden, warmem Kerzenlicht, sanfter Musik, leckerem Essen und angenehmen Gesprächen auf einer gemütlichen Couch. Für die Dänen sei „Hygge“ der Ausgleich zu einem stressigen Arbeitstag und die Antwort auf die dunklen und eiskalten Winterabende, erklärt der dänische Anthropologe Jeppe Linnet, der seit etwa fünf Jahren zu „Hygge“ forscht.

In Dänemark werde „Hygge“ aber auch im Sommer gelebt. Draußen in der Natur sein, sich mit der Familie auf eine Picknickdecke im Park lümmeln, und die Vögel beobachten oder eine gemütliche, aber ausgedehnte Radtour unternehmen – so vermarkten Tourismusseiten das dänische Lebensgefühl. Egal ob Sommer oder Winter, immer sollte ein behagliches Gefühl von Vertrautheit, Behaglichkeit, Sicherheit und Wärme entstehen – „Hygge“ eben.

Als No-go für gute Laune und somit „unhyggelig“ gelten dagegen Diskussionen über umstrittene Themen – insbesondere alles, was mit Politik zu tun hat. Auch der Trend, auf gluten-, zucker- und fetthaltiges Essen zu verzichten, widerspricht der dänischen Glücksphilosophie. „Hygge“ feiert den Genuss: Es geht darum, alles hinter sich zu lassen und den Moment zu genießen. Der Anthropologe Linnet, ist überzeugt: „Jeder Mensch braucht Hygge, um für sein Leben wieder Energie und Balance zu gewinnen.“

Durch die Bücher und über soziale Netzwerke (zum Beispiel mit dem Hashtag #hygge) verbreitet sich der dänische Lebensstil inzwischen auch in Großbritannien und den USA. „Hygge“ wird dort als eine Gegenbewegung zur modernen Schnelllebigkeit gefeiert. Der britische Guardian kommt zu dem Schluss: „Hygge kann bestenfalls eine Ermunterung sein, das Einfache wieder schätzen zu lernen, sowie auf den Konsum teurer Marken zu verzichten und sich stattdessen wieder auf die wichtigen Beziehungen im nahen Umfeld zu konzentrieren.“ Schlechtestenfalls jedoch kurble Hygge nur den Verkauf von Kerzen und dänischen Designerlampen an.

Linnet sieht die internationale Verbreitung der Lebensphilosophie „Hygge“ als eine Gegenreaktion zur globalisierten Welt: „Terrorismus, Cyberkriminalität und Finanzkrisen gefährden unsere Existenz. Hygge dagegen bedeutet Rückzug ins Private und das gibt uns Sicherheit und Geborgenheit.“ Das macht „Hygge“ auch zu einer Bewegung für Menschen, die sich mit Kuchen auf die Couch verkriecht, statt sich mit einer bedrohlichen Realität auseinanderzusetzen.

Für Ausländer, die diese dänische Lebensart verinnerlichen möchten, gibt es inzwischen schon zwei Anlaufstellen: An der School of Life gibt es Zufriedenheitsworkshops, die beispielsweise helfen sollen, mit Stress umzugehen oder einen Job zu finden, mit dem man glücklich wird. Das Morley College bietet sogar explizit im Rahmen eines Dänischkurses an, „Hygge“ zu erlernen. Allerdings ist es für Nichtdänen gar nicht so einfach, diese Lebensweise kennenzulernen, denn Fremde gelten per se als „unhyggelig“ und werden in der Regel nicht auf die Couch eingeladen.