Die Karten waren schon lange Ausverkauft, doch ich hatte meine. Eine halbe Ewigkeit hatte ich sie schon und sehnlich auf den Tag gewartet sie gegen ein Erlebnis sondergleichen einzutauschen. Zusammen mit guten Freunden und genug Bier bereitete ich mich auf den Abend vor, das Lido welches wir nun ansteuerten gehörte zu meinen Lieblingskonzertsälen. Die Akustik ist mehr als gut und dazu sieht es auch ziemlich cool aus. Das einzige Manko an dem Ort sind die wirklich teuren Getränkepreise und die gründliche Kontrolle an der Tür…hier kommt weder eine Kamera noch eine Flasche Eistee herein, von Bier ganz zu schweigen. Also nochmal ein letztes Mal mutig sein, das Bier leeren und eintreten.
Als wir ankamen spielte die Vorband, Oathbreaker. Die sind eigentlich schon ein eigenes Konzert wert, jeder der sie Live gesehen hat wir mir das bestätigen…allein die Sängerin ist ihr Leichtgewicht in Gold wert. Dann Pause und Dunkelheit. Leute wimmelten auf der Bühne hin und her und stellten Instrumente auf. Das Amenra Symbol wurde an eine Wand hinter der Bühne projiziert und die Spannung stieg. Doch was gab es da zu Sehen? Eine Geige und eine Akustikgitarre wurden auf die Bühne getragen. Ein Halbakustisches Konzert? Das wäre es doch mal. Amenra würde super klingen. Und dann war es auch schon so weit. Die Band plus Gastmusiker stand auf der Bühne, Amenra zeigte uns nur ihre Rücken. Und dann begannen sie. Teufel ich wusste nicht dass Colin H van Eeckhout so schön singen kann. Anders als bei seinen üblichen Auftritten war seine Stimme Sanft, er schrie nicht doch steckte sie voller Emotionen und dennoch ein wenig angespannt, als stünde er vor einem Ausbruch. Es war magisch, wirklich! Die Geige untermalte den zarten Gesang, ging eine Symbiose mit ihm ein. Worte können es unmöglich beschreiben, es war ein Gefühl. Hinter der Band, wo zuerst noch das Symbol ihrer Selbst prangte, wurden nun schwarzweiß Aufnahmen von Landschaften gezeigt. Wälder, Berge, Klippen und dergleichen.


Doch nach ungefähr einer Stunde verstummten sie, den Beifall ignorierend verließen sie die Bühne und wieder wurde das Amenrasymbol, eine Art Swastika aus drei Krähenfüßen, an die Leinwand projiziert. Ich hingegen wollte mir etwas zu trinken holen und glaubt es mir oder nicht, über Abwege kam ich in den Backstage Bereich. Dort saßen sie, sahen mich an, grinsten und Colin H van Eeckhout rief ein: have a great nigth….ja ich war zu schüchtern etwas zu antworten oder den Raum zu betreten, ich knallte die Tür zu und lachte. Konnte dieser Abend noch besser werden? An meinem alten Platz angekommen und gleich den Jungs von meiner eben gemachten Erfahrung berichtet, welche unter Spott und Unglauben unterging, sah ich das sich da wieder was auf der Bühne getan hatte. Neue Instrumente standen nun da, diesmal nur elektrische. Und ehe ich mich versah standen sie auf der Bühne…nunja sie hockten. Amenra zeigte uns ihre Nackten Rücken. Doch wurden sie von sechs weiteren Gestalten begleitet. Den einen konnte ich als Little Swastika Identifizieren, die anderen waren nicht minder Körpermodifiziert. Tätowiert und halbnackt bauten sich drei der sechs über ihren hockenden Mitstreitern auf. Diese entkleideten sich nun und entblößten eine Tätowierung auf ihren Rücken. Jeder trug ein Teil des Amenrasymbols auf seinen Rücken. Die Musik fing an und wurde vom Surren der Tattoomaschinen begleitet. Diesmal war es das mir bekannte schreien, stammeln, hoffen, beten. Die Wutausbrüche unterbrochen von Resignation, die Wut, die Kraft, Emotionen. Wie ich diesen Abend genoss. Es war perfekt, die Projektionen fingen an, doch waren sie diesmal unansehnlicher doch auch voller Schönheit, die Musik war hart und dennoch nicht simpel. Es war Amenra! dabei zeigte er uns die ganze Zeit über nur seinen Rücken, er würdigte uns keines Blickes. hach wie sehr ich ihn diesen Moment anbetete.

Nach weiteren wundervollen 90min war es leider um, keine Zugabe, keine Verbeugung, die Jungs verließen die Bühne…stille. Ich kaufte mir von all meinem Geld Fanartikel, kleidete mich neu ein und verließ mit Kopfschmerzen doch gut gelaunt das Lido mit meiner Bande….dieses Konzert hat mich gezeichnet und wird mich noch lange Verfolgen, das war sicher.

Bildquelle: https://twitter.com/churchofra und http://www.lido-berlin.de/events/view/2397