Gourmet-Tempel unter der Lupe

In der absoluten Spitze der deutschen Küchenkünstler blieb in der neuen Ausgabe des Restaurantführers Gault Millau alles beim alten. Wie immer gab es keine 20 Punkte. Das verwundert kaum, denn die Höchstnote soll in Deutschland – ganz im Sinn der Gründer Henri Gault und Christian Millau – nicht vergeben werden, weil, „nur der liebe Gott, aber kein Mensch Vollkommenheit feststellen kann“.

Harald Wohlfahrt aus der Schwarzwaldstube im Hotel „Traube Tonbach“ muss demnach fast ein Heiliger sein. 19,5 Punkte hat der Küchenkünstler eingeheimst – wieder einmal. „Er bleibt der Lordsiegelbewahrer einer Küche, die sich zwar jeder aktuellen Strömung bewusst, aber der eigenen Kraft viel zu gewiss ist, um sich nach irgendwelchen Trends zu strecken“, schreiben die Juroren.
Ebenso mit 19,5 Punkten ausgezeichnet wurden Joachim Wissler vom „Vendôme“ in Bergisch Gladbach, Klaus Erfort vom „GästeHaus“ in Saarbrücken und Helmut Thieltges vom „Waldhotel Sonnora“ in Dreis in der Eifel.

Der Koch des Jahres in der neuen Ausgabe heißt Christoph Rüffer. Die Restaurant-Kritiker zeichnen den Koch des Edelrestaurants „Haerlin“ im Hotel Vier Jahreszeiten aus für seine „aromatisch tiefgründigen Kreationen, die dem Gast oft mit jeder Gabel ein neues Erlebnis bescheren und den Mund noch ausfüllen, wenn die Teller längst abgeräumt sind“. Sein vielleicht größtes Talent sieht man in der Aromenverbindung. Rüffer erhielt erstmals 19 von 20 möglichen Punkten, einen Punkt mehr als im vergangenen Jahr.

Gleich zweifachen Zuwachs gab es bei den 18-Punkte-Restaurants: Neu in dieser Liga sind das „Facil“ in Berlin mit Michael Kempf und die „Villa Rothschild“  in Königstein im Taunus mit Nachwuchstalent Christian Eckhardt.

Weitere Preisträger in der 900 Seiten starken Ausgabe des Gault&Millau 2015:

Aufsteiger des Jahres: Anton Schmaus, „Storstad“ in Regensburg
Entdeckung des Jahres: Cédric Schwitzer, „Schwitzer’s“ in Waldbronn bei Karlsruhe
Oberkellner des Jahres: Thomas Brandt, „Bareiss“ in Baiersbronn
Sommelier des Jahres: Daniel Kiowski, „Schloss Berg“ im saarländischen Perl-Nennig
Pâtissier des Jahres: Karina Appeldorn, „First Floor“ in Berlin
Restaurateur des Jahres: Gerhard Retter und Christof Ellinghaus, „Cordobar“ in Berlin
Bester Deutscher Koch im Ausland: Heiko Nieder, „Dolder Grand-Hotel“ in Zürich
Hotelier des Jahres: Thomas Althoff mit seinen Luxushotels in Bergisch Gladbach, Celle, Rottach-Egern und Stuttgart

Auch Abwertungen gab es – vor allem bei Fernsehköchen: Kolja Kleeberg vom „Vau“ in Berlin kam nur noch auf mittelprächtige 16 Punkte, Gleiches gilt für seinen Kollegen Frank Rosin vom „Rosin“ in Dorsten und Alexander Herrmann vom gleichnamigen Restaurant in Wirsberg. Auch Johan Lafer im „Val D’Or“ kommt nicht darüber hinaus. Mehr noch: 107 Restaurants im neuen Gault Millau rangieren über den teils omnipräsenten TV-Gastronomen. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt…

Gault&Millau Deutschland 2015
Christian Verlag
ISBN 978-3-86244-686-5

Text von Christian Euler

www.sellawie.com