„Du bist ein Rätsel mein Liebes“, sagte ihre Mutter und Grady, die versonnen durch den Tafelaufsatz mit Rosen und Farn über den Tisch blickte, lächelte nachsichtig: „ja, ich bin ein Rätsel“, und der Gedanke gefiel ihr.
„Sommerdiebe“ ist der verloren geglaubte Erstroman des Autorengenies Truman Capote. Lang vergessen und fast weggeworfen, ruhte er in seinem Nachlass in einer Pappkiste und wurde erst posthum veröffentlicht. Geschrieben mit 18 Jahren, ist der Roman schon eine kleine Meisterleistung. Er schafft es immer wieder auf kaum unnachahmliche Weise, Bilder und Assoziationen in die Köpfe zu projizieren. Es entstehen Orte in Gedanken, an welchen man niemals zuvor war. Gefühlsregungen und Nuancen dieser werden perfekt aufgegriffen und wiedergegeben, sodass man sich in die Charaktere versetzen und mitfühlen kann.
Das Buch handelt von drei jungen New Yorkern, welche den Sommer erstmalig allein in der Stadt verbringen: Die 17-Jährige, aus einer wohlhabenden Familie Manhattans stammende Grady, ihr bester Freund seit Kindertagen Peter Bell und der Arbeiterjunge Clyde, in welchen sie sich verliebt. Zusammen verleben sie einen Sommer voll ungeahnter Freiheiten, die auch Konfrontationen und handfeste Dramen mit sich bringen. Eine Sehnsucht nach Liebe und Selbstbestimmung ist aus jeder Zeile zu lesen. Doch auch der wärmste und schönste Sommer geht einmal vorüber…
Das wahrlich Interessante, das Buch wurde niemals fertig geschrieben und endet abrupt. Niemand kann sagen, wie es hätte aufhören sollen. Jedem ist sein eigenes Ende überlassen, ob tragisch oder glücklich. Es liegt am Leser selbst, wie er die Geschichte enden lassen will.
Bildquelle: http://www.muenchenblogger.de/archiv/200607