Der Krampnitzsee ist scheinbar eines der idyllischsten Fleckchen südwestlich von Berlin. Hier wohnen nur wenige Leute, die sich auf dem Lande direkt am See ihren Traum einer Villa erfüllt haben. Alle Häuser sehen nahezu identisch aus: rotes Spitzdach, gelbliche oder weiße Hausfassade…fast alle. Und dann steht da dieser Betonkasten mit ausgeschlagenen Öffnungen, die als Fenster dienen.
Eine Ruine? Ist das etwa ein renoviertes Wohnhaus? Nein, denn es ist Brandlhubers Vorstellung einer Traumvilla. Dieses Gebäude hat am friedlichen Krampnitzsee für viel Aufruhe gesorgt.
Arno Brandlhuber ist ein Berliner Architekt, der in unserer Region sofort mit der ‚Hausnummer 9‘ in Verbindung gebracht wird. In der Brunnenstraße in Berlin-Mitte nämlich hat er günstige Ateliers für Künstler geschaffen. Seine Architektur zeichnet sich dadurch aus, dass er Lösungen in Situation findet, wo die meisten Architekten die Bausubstanz zum Abriss freigeben. Er und seine Partner arbeiten mit dem Credo, dass Gebäude sich dem anpassen müssen, wenn Menschen möglichst bunt zusammen leben und arbeiten wollen. Alles, was er baut, ist kostengünstig angelegt und zugleich äußerst innovativ. Er beschäftigt sich mit der Wirklichkeit der städtebaulichen Gegenwart und versucht Berlins Markenzeichen zu bewahren, seine Heterogenität.
Abreißen kommt für den Architekten Brandlhuber nicht in Frage. Das Gleiche galt für die ehemalige Unterwäschefabrik der DDR am Krampnitzsee. In Brandlhubers Augen hatte dieses Gebäude einen hohen Wert, der erhalten werden muss. Es bot eine Geschichte, Substanz und einen räumlich großzügigen Rohbau. Er entwickelte ein Konzept, welches mit wenigen kostengünstigen Eingriffen die Nutzung für Wohnräume und Ateliers freigab.
Andere Architekten hätten die herunter gekommene Fassade wahrscheinlich übermalt und dadurch optisch verschwinden lassen, doch Brandlhuber ließ die Betonwände sichtbar, auch innen.
Roh, brachial, ehrlich!
Die Öffnungen für die Fenster entstanden radikal aus dem Augenblick heraus. Mit Vorschlaghammer und Presslufthammer wurden an den Stellen Durchbrüche in die Wände geschlagen, wo man gerne herausschauen wollte. Im Inneren entfernte er alle nicht tragenden Wände und installierte ein Vorhangsystem. Ziel war es, durch die transparenten Vorhänge differenzierte Temperaturzonen zu schaffen, die durch eine mittig im Raum platzierte Sauna erwärmt werden. Zum Interieur steuerten Künstler wie Karin Sander oder Gregor Hildebrandt ihre Werke bei, als Dank für die Tätigkeit Brandlhubers in Berlin-Mitte.
Die architektonischen Lösungen sind genial. Das ästhetische Erscheinungsbild ist sicher nicht jedermanns Sache aber mir gefällt dieser experimentelle Umgang mit dem Vorhandenen und das exzentrische Ergebnis – Brandlhubers Nachbarn nicht.
Aber Geschmäcker sind ja bekanntlich verschieden und das ist auch gut so. Falls ihr mal in der Gegend um Potsdam unterwegs seid, macht doch einen Abstecher in den Rotkelchenweg 25, 14469 Potsdam.
Was haltet ihr von der Antivilla?
Bild- und Informationsquelle: Readthetrieb, http://www.brandlhuber.com, , http://www.kow-berlin.info/texts/home,