Videospiele sind nur etwas für Männer? Dies scheint eine weitverbreitete Meinung zu sein. Entsprechende Studien zeichnen jedoch ein anderes Bild.

Frauen machen in Deutschland 44 Prozent der Gamer aus. Etwa 23 Millionen Deutsche spielen laut der „Gamer in Deutschland“ Profilstudie des Bundesverbands für interaktive Unterhaltungssoftware e.V. regelmäßig Computer- und Videospiele, damit fast jeder dritte Deutsche. Darunter sind eben auch zehn Millionen Frauen.

Die Bezeichnung des Gamers wird hingegen nach wie vor stark mit Männern assoziiert. So zeigt eine Studie des Pew Research Centers, dass Männer wie Frauen gleichermaßen davon ausgehen, dass die meisten Gamer männlich sind. Sogar selbsternannte Vielspieler bekräftigten dieses Bild. 60 Prozent der Befragten gaben an, dass Gaming eine „männliche“ Aktivität sei. Videospiele werden dementsprechend immer noch als Männerdomäne wahrgenommen. Bezüglich der Geschlechtsunterschiede im Gaming und der bevorzugten Genres der Frauen und Männern zeigt sich ein weiterer, unerwarteter Aspekt. Action- und Rollenspiele sind bei Frauen sogar beliebter als bei Männern. Scheint es nicht an der Zeit, das übliche Frauen- und Männerbild in Bezug auf Videospiele zu hinterfragen?

Wenn man sich dann noch den Anteil weiblicher Charaktere in Videospielen ansieht, könnte man fast annehmen, dass sich Spieleentwickler noch nie mit der hohen Anzahl an weiblichen Kunden auseinandergesetzt haben. Studien zeigen, dass sich der Anteil weiblicher Figuren konstant auf 15 Prozent gehalten hat. „Es ist unglaublich, wie wenig sich diesbezüglich geändert hat“ sagt Kafai, Professor der University of Pennsylvania und Autor diverser Bücher, die die Geschlechterrollen in Videospielen thematisieren.

Hinzu kommt, dass bei der Frauendarstellung in Videospielen auch Sexismus eine Rolle spielt. In vielen Videospielen lockt als Belohnung eine hübsche Frau, die der Spieler retten soll. Diese Rolle kann als Damsel in Distress bezeichnet werden und stellt eine junge Frau in Not dar, die sich nicht selber helfen kann, sondern erst von einem Mann gerettet werden muss. Eine häufige Darstellung einer Damsel in Distress könnte langfristig dazu führen, dass die Frau auf ein Objekt reduziert wird. Dementsprechend stellt sie den Schatz dar, der gefunden werden muss, oder den Preis, den man gewinnen kann.

Viele Spieleentwickler scheinen sich ihrer gesellschaftlichen Verantwortung, die damit einhergeht, gar nicht bewusst zu sein, und sie sind sich nicht im Klaren darüber, dass sie mit ihren Darstellungen und Geschichten auch Aussagen über die soziale Wirklichkeit treffen. Weltbilder werden schließlich auch durch die erschaffenen Bilder der Unterhaltungsangebote gefestigt.

Auch Spielerinnen sehen sich im realen Leben mit Sexismus konfrontiert. Sie werden häufig von männlichen Spielern beleidigt und bedroht. Allerdings findet sich dieses Verhalten nicht bei allen Spielern gleichermaßen wieder, wie eine Studie der Universität Alicante herausfand. Es zeigte sich, dass vor allem die wenig erfolgreichen Spieler sich gegenüber weiblichen Spielerinnen feindselig äußerten. Erfolgreiche Spieler legten hingegen ein positiveres Verhalten an den Tag. Die an der Studie beteiligten Wissenschaftler deuteten dieses Phänomen so, dass wenig erfolgreiche Gamer sich stärker in ihrem Status bedroht fühlen könnten, wenn Frauen in die Männerdomäne der Computerspiele eindringen. Daher reagieren sie mit Beleidigungen und Aggressivität.

Betrachtet man kürzlich erstellte Studien, so zeigen sich jedoch auch erste, positive Veränderungen, was die Darstellung weiblicher Charaktere in Videospielen betrifft. In der Studie „Sexy, Strong, and Secondary: A Content Analysis of Female Characters in Video Games across 31 Years“ wird analysiert, wie Frauen von 1980 bis 2014 in Videospielen dargestellt werden. Dabei wurde deutlich, dass die Sexualisierung 1990 ihren Höhepunkt erlebte, aber seitdem langsam abnimmt. Spielbare, weibliche Figuren wurden seitdem weniger sexualisiert. Dies gilt aber auch nur für Hauptcharaktere. Weibliche Nebenfiguren werden weiterhin oft als Objekt angesehen. Außerdem stellte sich heraus, dass Frauen, wenn sie denn im Spiel vorkamen, eben oft nur Nebenrollen und nicht Hauptrollen einnahmen. Das Ausmaß an Sexualisierung scheint also langsam abzunehmen, jedoch werden Frauen immer noch nicht ausreichend vertreten und oft nur als Objekt gesehen.

Dass es aber auch positive Beispiele gibt, zeigt der Artikel Unbesungene Helden: Die Top 10 Nebencharaktere der Videospiel-Geschichte, in dem Alyx Vance als Beispiel aufgeführt wird. Sie kam zunächst in Half-Life 2 und dann in den darauffolgenden Episoden-Spielen vor. Dort hat sie bewiesen, dass Frauen nicht nur cool und intelligent sein können, sondern auch in der Lage sind, sich alleine zu verteidigen. Auch die weibliche Figur Tifa Lockhart besticht als weibliche Nebenfigur. Sie ist klein, aber umso stärker, empathisch und emotional introvertiert. Sie steht in einer Reihe mit Lara Croft als eine der besten und stärksten weiblichen Figuren aller Zeiten.

Für die Zukunft kann man also hoffen, dass Spieleentwickler sich ihrer gesellschaftlichen Verantwortung bewusster werden und dafür sorgen, dass in Zukunft mehr solcher weiblichen Figuren vorkommen und dadurch das Thema Sexismus in Videospielen mehr und mehr verschwindet.