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Jedes Jahr aufs Neue fragen sich zahllose deutsche Abiturienten und Abiturientinnen, was sie nun mit ihrem Leben anfangen sollen. Den Schulabschluss endlich in der Tasche, wittern die Teenies zum ersten Mal die große Freiheit. Klar, dass viele von ihnen die Sehnsucht verspüren, raus in die Welt zu ziehen. Doch nicht jedem Jugendlichen genügt eine gewöhnliche Reise, immer mehr von ihnen wollen zur Freiwilligenarbeit für ein paar Wochen bis Monate ins Ausland. Klingt soweit echt super, in Ländern wie Ghana ein paar Waisenkinder betreuen, ordentlich Sonne tanken und gleichzeitig so dem Lebenslauf eine neue Glanzleistung verpassen.

Ganz so uneigennützig ist der Charity-Urlaub selten, dennoch haben die meisten Freiwilligenarbeiter in diesen Projekten wahrhaft nur Gutes im Sinne; sie wollen schlichtweg helfen. Aber ist diese Arbeit wirklich so sinnvoll? Und wem wird damit geholfen?

Große Veranstalter wie Pratikawelten verbinden einen exotischen Urlaub mit der Hilfsarbeit und bitten damit ordentlich zur Kasse. Über tausend Euro will die Organisation für einen vierwöchigen Trip, Flugpreise und ähnliches ist da noch nicht mal enthalten. In den betroffenen Ländern könnten diese hohen Summen selbstverständlich viel bewegen- wenn nicht die Betreiber sich den Gewinn selbst in die Tasche stecken würden.

Die jungen, hilfsbereiten Arbeiter ahnen hiervon meist nichts. Auch ihre Tätigkeiten im Ort bringen oft mehr Schaden als Nutzen. Verbringt man vier Wochen in einem Kinderheim, bauen die Kids eine Bindung zu einem auf. Nach einem Monat gehen die meisten der westlichen Elendstouristen aber wieder. Welchem Kind damit geholfen wird, jeden Monat aufs Neue von jungen Weißen bespaßt zu werden, sei dahingestellt.

Auch wenn man denjenigen, die diese Projekte unterstützen, eigentlich nichts Schlechtes unterstellen kann, so ist es doch fragwürdig, ob man diese Form des Tourismus unterstützen möchte. Aber es geht noch weiter, viele Reisende buchen gerne Tours zu Waisenhäusern in armen Ländern wie beispielsweise Indien. Spätestens hier trifft das Wort Elendstourismus den Nagel auf den Kopf. Menschen werden hier schlichtweg zu Fotoobjekten, ihre Lebensumstände zur Attraktionen. Beim Betrachten der jungen Weißen, die mit Missionierungsgedanken Richtung globalen Süden ziehen, kommt einem schnell der Anblick eines modernen Kolonialherren in den Kopf- auch, wenn die Reisenden dies sicherlich nicht beabsichtigen.

Sollte man jedoch wirklich helfen wollen, ist Geld besser direkt als Spende an geprüfte Organisationen zu schicken. Und wer wahrhaftig einfach nur vor Ort anpacken will, der sucht sich ein Projekt über „workaway“ oder der Organisation weltwärts“, welche beide kostenlos sind. Dabei sollte man sich jedoch Zeit lassen, mit zwei Wochen ein paar Stunden aushelfen, wird schließlich nicht die Welt gerettet. Dennoch ist jeder, der wirklich Kraft und Zeit für die richtige Sache aufbringt, fraglos eine riesige Hilfe.