Das koreanische Starcraft 2 Team „Incredible Miracle“ (2012)

Südkorea gilt als das Mekka der Computerspieler. Der Staat fördert Gaming intensiv, zumal professionelle Spieler in dem asiatischen Land den Rang von Fußballstars haben. Rund 250 Gamer verdienen ihren Lebensunterhalt damit. Und ich sage euch: Sie verdienen gut. Ihre Teamdressen sind voll mit Logos von großen Sponsoren, wie ihr am Team oben sehen könnt. Ganze zwei Fernsehsender bringen den ganzen Tag Berichte über Computerspiele und Gaming-Turniere, um die riesige Fanbase mit den neusten Nachrichten zu füttern und auf dem Laufenden zu halten.

Auch wenn wir in Deutschland die Zocker- und Gamer-Szene mehr oder weniger immer noch belächeln, Pro-Gaming und E-Sports gelten in Südkorea als Nationalsport mit schätzungsweise 10 Millionen regulären Zuschauern. Der koreanische E-Sport-Verband KeSPA betreibt seit 2005 sogar ein eigenes Stadion, das 500 Zuschauer fasst. Wenn man sich diese Zahlen anschaut, dann wird E-Sport dort nicht ohne Grund ernst genommen.

Das erste Turnier der Global StarCraft II League am August 28, 2010

Mit der zunehmenden Verbreitung des Internets Mitte der 90er Jahre erkannte die südkoreanische Regierung die Internet-Technik schnell als Zukunftstechnologie. Sie beauftragte die Kommunikationsfirmen im Land, eine Infrastruktur für allgemein verfügbares, günstiges Breitband-Internet zu errichten. Während in Europa die meisten Internetnutzer noch mit telefonleitungsgestütztem DSL oder ISDN surften, waren Breitbandanschlüsse in Korea längst Alltag. Die Verfügbarkeit von schnellem und günstigen Breitband-Internet entfachte daraufhin im Land der Morgenstille einen Boom in der E-Gaming Branche. Als PC-Bangs bezeichnete Internet-Cafes, in denen die Spieler die Möglichkeit hatten, sich zu treffen und sportliche Wettkämpfe auszutragen, begannen überall aus dem Boden zu sprießen und machten aus E-Games einen Sport und gesellschaftliches Spektakel für jedermann, besonders für die junge Bevölkerung.

Internet-Cafes in Südkorea „Pc-Bangs“ genannt erfreuen sich großer Beliebtheit.

Und welches Spiel spielen die Koreaner am liebsten? League of Legends? Counterstrike? DoTa? Nein, Unangefochtener Spitzenreiter und Wegbereiter der koreanischen Gaming-Szene ist über 10 Jahre lang „StarCraft“, ein Spiel von Blizzard Entertainment. Jeder fünfte Südkoreaner hat schon einmal „StarCraft“ gespielt. Szenen und Charaktere aus dessen Sciene-Fiction-Welt beherrschen längst Medien und Alltag. Mit seiner Mischung aus Micromanagement und temporeichen Schlachten traf es genau den Nerv der koreanischen Real-Time-Strategy-Fans. Der Erfolg begründet sich unter anderem auch in Südkoreas Kultur und Lifestyle selbst. Der Großteil der Südkoreaner lebt in Großstädten wie Seoul oder Busan. Hier muss alles schnell gehen, Geduld ist ein Fremdwort. Die meisten Koreaner denken zudem sehr wettbewerbs- und leistungsorientiert – eine Attitüde, die mit dem komplexen und herausfordernden System des Spiels Hand in Hand zu gehen scheint. Nur den Allerbesten gebührt Wertschätzung, alle anderen zählen zu den Verlierern.

Natürlich werden aufwändige Tournaments veranstaltet, um herauszufinden, wer denn nun der Beste ist. Eins der beeindruckendsten Events war stets die E-Sport-Weltmeisterschaften „World Cyber Games“ (WCG). Im Jahr 2000 fanden diese zum ersten Mal in Seoul statt, bei denen in vielerlei Spielen, darunter auch StarCraft, League of Legends und FIFA, entschieden wurde, aus welchen Ländern die besten Gamer stammen – ähnlich wie bei der Olympiade also. Im Jahr 2005 nahmen an den “World Cyber Games”  sogar ungefähr 1.250.000 Spieler teil. Finalspiele der größten StarCraft-Ligen zogen in Südkorea bereits bis zu 100.000 Zuschauer an. Zudem wurden dort über 200.000 Arbeitsplätze geschaffen, die mit E-Sport in Verbindung stehen. Heute existiert das WCG nicht mehr. Dafür sind andere Tournaments in den Vordergrund getreten. Eins bleibt jedoch: Koreanische Pro-Gamer, die mit Hand-Augen-Koordination, Spielverständnis, taktischem Verständnis und teamorientiertem Handeln glänzen wollen, trainieren in Bootcamps ihre Fähigkeiten – alle mit dem Ziel, zu den Besten zu gehören und mit ihrer Leidenschaft ihren Lebensunterhalt bestreiten zu können. Koreanische Spieler sind weltweit berüchtigt für ihr hartes Training und ihre außerordentlichen Fähigkeiten. Die Mühe kann sich jedoch auszahlen. Denn Topspieler verdienen in Südkorea jährlich bis zu 230.000 US-Dollar.

Choi “Bomber” Ji Sung nach seinem Sieg in der StarCraft II World Championship Series Season 3 in Amerika (13.07 2014)

Allerdings haben Glanz und Gloria auch ihre Schattenseiten. Aufgrund der weitverbreiteten Videospielsucht gibt die koreanische Regierung Millionen von Dollar für Kliniken, Kampagnen und Programme aus, um das Problem zu bekämpfen. Ende 2011 ging sie mit dem “Cinderella-Gesetz”, auch als “Shutdown law” bekannt, noch einen Schritt weiter. Dieses verbietet Jugendlichen unter 16 Jahren, zwischen 22 und 6 Uhr Online Spiele zu spielen. Hierfür müssen Spieler beim Einloggen in Online-Games ihre Sozialversicherungsnummer angeben, um ihr Alter prüfen zu lassen.

Die Gaming-Szene in Südkorea wird von der Regierung sowohl stark gefördert, als auch stark reguliert. Sie ist in der Mitte der Gesellschaft angekommen und wird mit viel Ansehen und Prestige verbunden – ganz anders als in westlichen Ländern, in denen sie doch eher noch als Nische wahrgenommen und teilweise als Kinderkram belächelt wird.