Geboren wurde Adrain Chesser am 19. Mai 1965 in Florida als Sohn eines Priesters, welcher ihn zwang, Orgelunterricht zu nehmen, und die Bibel auswendig zu lernen. Also ein Leben, das dem jungen Querulanten nicht gefiel. Bei der erstbesten Gelegenheit riss er aus und schlug sich alleine durch. Als ihm dann ein Freund zum ersten Mal eine Kamera in die Hand drückte, war er hellauf begeistert. Das Zusammenspiel von Bild, Licht und Schatten war seine erste große Liebe. Und langsam brachte er sich selber bei, wie man fotografierte und die Bilder entwickelte.

Doch da Fotografie ein teures Hobby ist, wenn man die Bilder nicht verkaufen kann, braucht man Jobs. Und so arbeitete er als alles, was es nur gab. Er kellnerte, wusch Teller, kontrollierte Tickets im Bus, rang mit Alligatoren in einem Indianerreservat, war Kaufhaus-Santa-Claus, Gärtner und prostituierte sich.

Als er dann in seinen 20ern mit Fotografie Geld verdienen konnte, rutsche er weiter und weiter ab, doch seine Bilder zeigten uns immer die Menschen seiner Welt. Die Menschen, die man kennt und erlebt, wenn man in einer Zwischenwelt der Gesellschaft lebt: Indianer und Wilderer, junge schöne Mädchen und alte Frauen, Diven, Obdachlose und junge Wilde, religiöse Fanatiker und Satanisten. Geschöpfe, welche er in ihrem Umfeld oder in einer wunderschönen Naturkulisse ablichtete.

Erst in seinen 30ern rettete die Fotografie sein Leben. Er unternahm spirituelle Wanderungen in die Natur und heilte seine alten Wunden. Die Bilder der Zeit zeigen Reisende in der Natur, auf Abenteuern wie sie rar geworden sind in unserer modernen Welt.

Doch welche Fotostrecke mich am meisten berührt, ist seine letzte, welche er in seinen 40ern aufnahm. Er erfuhr, dass er HIV-positiv und AIDS-krank war. Er bat all seine Freunde zu sich und in dem Moment, als er es ihnen sagte, drückte er den Auslöser seiner Kamera. Es sind bestimmt nicht die schönsten Portraits, die jemals aufgenommen wurden, es sind aber wohl mit die emotionalsten und ehrlichsten. Diese Serie trägt den Namen: „I have something to tell you…“ und ist für mich die Krönung seiner Reise.

 „I have something to tell you…“

self potrait crying

Bildquelle: http://adrainchesser.com/